Kirche zur heiligsten Dreifaltigkeit

Eine Wanderung durch den Maurer Wald, das Auto in Kalksburg stehen gelassen, den Weg entlang der Klausen erklommen, vorbei am sehr rechteckigen Pappelteich, in dem einige Frösche den ewigen Frieden gefunden haben, einer Anhöhe folgend und schließlich vor einem auffälligen sakralen Bauwerk stehend — der Kirche Zur Heiligsten Dreifaltigkeit oder der Wotrubakirche, wie die Wiener sie gerne vereinfachter nennen.
Alles andere als heilig dürften so einige Aussagen gewesen sein, als das letzte Werk des österreichischen Bildhauers Fritz Wotruba, der eine nicht zu verheimlichende Vorliebe für Kuben hatte, der Öffentlichkeit präsentiert wurde.
Einem futuristischen Monolithenhaufen ähnelnd, entsagt sie jeder herkömmlichen Kirchenform und gilt damit als bemerkenswerte Ausnahmeerscheinung im Reigen der Wiener Gotteshäuser.
In ihrer postapokalyptischen Gewandung thront sie auf dem Hügel des Georgenbergs und erinnert mit ihren rohen Betonquadern schon ein wenig an die Kultbauten der Steinzeit. Rundherum Natur, die Siedlung am Fuße, vermittelt dieser Ort eine ganz eigene Magie, die von dem nahe gelegenen Freiluftplanetarium nur mit noch mehr Kult-​Mystik versorgt wird.
Monolithen, Sterne und Gebete.

Der Bildhauer Fritz Wotruba musste neben der Förderin dieser Idee, Frau Margarethe Ottilinger, zwölf Jahre lang um die notwendigen Genehmigungen zum Bau dieser Kirche kämpfen, 1976 war es dann soweit und die Kirche, nämlich eine aus 152 rohen Betonblöcken errichtete, stand am Georgenberg in Wien/​Mauer. Wotruba war nun allerdings tot, ein Jahr vor Fertigstellung seines Hauptwerkes verstarb er.
Das Brutalistische Werk fordert heraus, zahlreiche Gegner, aber auch viele Neugierige und Kunstinteressierte zogen vors Gotteshaus. Ich persönlich find sie jedenfalls immer noch gut und führt mich auch nicht unbedingt das Röm. Katholische nach ihr, so komm ich doch gern hier her und schau mir an was davon zu sehn ist wie andere dachten und ich es eben grad versteh.

Wir verwenden hier zunächst zwar den offiziellen Namen, in der Öffentlichkeit firmiert der außergewöhnliche Bau jedoch allgemein als Wotruba-​Kirche. Sie gilt neben Otto Wagners Kirche am Steinhof als der bedeutendste Sakralbau der Moderne in Österreich. Doch ist sie nicht mehr Skulptur als Gebäude? Man weiß es nicht. Gut hundertfünfzig Betonblöcke sind es, die da vor uns stehen. Ohne erkennbare Symmetrie, wild durcheinandergewürfelt, geben sie schmale Fensteröffnungen frei und bilden am Ende doch ein erstaunlich harmonisches Ganzes. Erdacht vom stets umstrittenen Bildhauer Fritz Wotruba, geplant und ausgeführt vom Architekten Fritz Gerhard Mayr, bietet das Bauwerk eine Perspektivenvielfalt, die nicht nur ihresgleichen sucht, sondern im Kontext des Religiösen auch durchaus Sinn macht.
Wir schreiten zur Punktevergabe. Die Kirche zur heiligsten Dreifaltigkeit bekommt von uns fünfzehneinhalb von zwanzig aufsehenerregenden Punkten und sichert sich damit Platz 12 im Kampf um den Titel «Bedeutendste Kirche Wiens» und Platz 1 in der Spezialklasse «Schönster Sakralbau der Moderne postkubistischer Ausprägung in Wien». Wir gratulieren herzlich.
(Dieser Beitrag ist Teil der Serie «Wo finde ich die schönsten, bestaussehenden, kunsthistorisch bedeutendsten und überhaupt großartigsten Kirchen Wiens?». Nähere Infos und Hintergründe unter
).