Halten wir zunächst mal die Fakten fest. Wir sprechen jetzt von einem 5-Sterne-Hotel im saarländischen Nirwana. Das Haus verfügt über eines der raren 3-Michelin-Sterne-Restaurants Deutschlands, wo freilich nur die allerwenigsten Hotelgäste Platz nehmen werden. Weiter gibt es das Restaurant Bacchus im Keller der Anlage, sowie die Scheune, ein ebensolches Gebäude, liebevoll umgebaut, in fußläufiger Entfernung zum Hotel. Sprechen wir sehr kurz über das Gourmet-Restaurant von Christian Bau. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Tisch beträgt derzeit etwa 4 bis 6 Monate(nur in der Traube Tonbach bei Harald Wohlfahrt dauert es noch länger). Wer also bei seiner Ankunft im Hotel Bau’s Haus erst entdeckt und gleich dort speisen will, sollte entweder mindestens saarländischer MP sein oder den Dusel haben, dass gerade eben jemand abgesagt hat und von der Warteliste niemand nachrücken will. Kommen wir zum Hotelrestaurant Bacchus. Das liegt ab Hotelrezeption zwei Etagen abwärts, da sich das Victor’s jedoch an einen Hang anlehnt, sind die Fenster Richtung Mosel immer noch ebenerdig. Das Hotel füllt sich am Wochenende gern mit Gästen, die begeistert zu den Sonderangeboten greifen. Die meisten von ihnen logieren normalerweise eher bei 3 Sternen und sind dementsprechend leicht zu begeistern und beeindrucken. Im Bacchus wird abends gern ein Büffet aufgebaut und abgeräumt. Das aber ist in der Breite des Angebotes absolut enttäuschend, und die Speisen-Qualität variiert von dürftig bis schlampig. Die üblichen Verdächtigen: preiswerter Fisch(Lachs) in etlichen gängigen Variationen(gedünstet, geräuchert, gebeizt), Geflügelteile frittiert, gebraten, gegrillt. Gemüse verkocht, Beileigen ebenfalls. Die Desserts aus der Tüte und im Einheitsgeschmack. Das Servierpersonal bringt Wasser, schwache Weine, eigenartig geschmackloses Bier. Nein, das ist es nicht. Der Ordnung halber muss man anfügen, dass die Hotelgäste im Bacchus auch frühstücken. Die Kegelclubs und Altdamenkränzchen, die zum Wochenende einfallen, zerlegen auch dieses Büffet mit hoher Präzision. Doch was sie morgens dort finden, ist von völlig anderer Qualität als das, was abends aufgebaut wird. Zum Frühstück fehlt im Bacchus kaum etwas(nur der Kaffee ist entsetzlich), und die leckeren kleinen Omeletts, die ein Koch auf Wunsch für die Gäste frisch zubereitet, sind viel besser als das dröge Rührei in der Warmpfanne. Die Scheune als mittelaufregendes a la carte-Restaurant rundet das Gastro-Angebot im Victor’s ab. Hier sitzen die Gäste rustikal und ohne besondere Anforderungen an Manieren oder Kleidung, was vielen sehr entgegen kommt. Simpel ist auch die Karte. Da finden sich die Renner aus Omas Küche(Schnitzel Wiener Art, Rehmedaillons, Rumpsteak), aber auch ein«gebratener Ring Lyoner», nix anderes als eine Portion Fleischwurst aus der Pfanne. Die Preise für dies alles auf leicht gehobenem Niveau, worüber man durchaus diskutieren darf. Nochmal zurück zum Hotel. Wer Victor ist oder war, wissen wir nicht und müssen es auch nicht wissen. Wir wissen aber, dass in diesem Hotel und den Restaurants bestens trainiertes Personal wirkt, und davon nicht eben wenig. Die jungen Damen und Herrn nehmen nicht nur ihre Jobs ernst, sondern auch die Gäste. Und sie sind durch die Bank extrem freundlich, höflich und hilfsbereit. Das alles wirkt tatsächlich so echt, ehrlich und aufrichtig, dass man nicht eine Sekunde daran zweifelt. Trotzdem bleibt nach einem Besuch im Victor’s in Perl ein zwiespältiges Gefühl. Die Zimmerqualität ist, Hand auf’s Herz, bestenfalls 4* Superior. Das Essen in den beiden preiswerteren Restaurants ist nicht der Rede wert und passt nicht zum Anspruch, den sich das Haus stellt. Die Halle und die dortige Hallenbar sind ebenfalls alles andere als 5 Sterne wert. Und so bleibt schließlich als einzige Möglichkeit ein Besuch bei Christian Bau. Man verlässt das Gourmet-Restaurant nach etlichen Stunden mit höchster Zufriedenheit, kehrt unausweichlich unsanft zurück in die Hallenbar-Realität, wo um diese späte Stunde eine Chance, auf einen singenden Rentnerverein zu stoßen, durchaus gegeben ist. Und dann bleibt nur noch die Flucht ins wirklich bequeme Bettchen.