Finale, oho

Das EM-​Spiel Deutschland (
) gegen die Türkei (
) wird sicherlich ein weiterer Höhepunkt, der die Fußballherzen höher schlagen lässt. Als Anhänger einer Nation, die so tragisch untergegangen (
) ist, schlägt mein faustgroßer, abgerundeter Kegel hinter dem linken Brustbein natürlich nun für Deutschland. Obwohl mir die Türkei natürlich auch sympathisch ist. Vor allem die Fans. Da gibt es doch tatsächlich anatolische Taxifahrer, die mit einem Türkeifähnchen links und einem Deutschlandfähnchen rechts durch die Stadt fahren. Ein türkischer Hüné in Berlin hat sich sogar, einem Reporter des Privatfernsehens zuliebe, ein Ganzkörperkondom übergezogen. Einen aufblasbaren Fußball in Schwarzrotgold. Für fünfzig Euro. Ein Verkäufer in einem Dönerladen in Frankfurt war allerdings nicht bereit, für den Gegenwert von dreißig Dürüm-​Döner (
) sämtliche Türkdekorationen aus seiner Fettbude zu entfernen. Aber die osmanische Toleranz scheint mir deutlich höher als die germanische. Es geht um viel. Um sehr viel. Um die nationale Ehre. (Siehe Foto unten) Die Reise mit dem fliegenden Fußballteppich geht wieder zurück zum Bosporus. Aber die Leidenschaft war da Währendem Christiane aus Berlin so schön die emotionalen Momente der vergangenen EMs (
) in Erinnerung ruft, habe ich mich derweilen bei der Deutschen Mannschaft in Tenero umgesehen. Seit dem Sommermärchen ist das mediale Verhalten der sympathischen Kicker aus dem frühgeschichtlichen Sumpfland ja deutlich professioneller geworden. Wobei es durchaus noch Bedarf zur Nachhilfe gibt. Die Holländer haben es nach ihrem fantastischen 4:1-Spiel Niederlande gegen Frankreich vorgemacht. Nein, eigentlich schon Giovane Élber (
). Der Brasilianer war der erste, der mediengewaltig mit seinem Dreikäsehoch auf den Schultern nach Siegen mit Bayern durchs Stadion lief. Seht mal her, ich habe ein Haus, ein Baum und ein Kind. Bei dem Sensationsstürmer und auch der Sensationsmannschaft schien der Kontakt nach dem Spiel zu Kind und Kegel völlig natürlich, ja überbordend. Bei der deutschen Elf, nach ihrem grandiosen Sieg über Portugal, wirkte alles noch etwas komisch. Zum Beispiel wurde mir nicht klar, warum die Kamera so lange auf dem bemühten Gespräch von Clemens Fritz mit seiner Steuerberaterin oder Schwiegermutter blieb. Es fehlten offensichtlich attraktive Alternativen. Einzig Schweine hatte wohl von US-​Sprinter Tyson Gay etwas dazugelernt. Kurz nach Abpfiff strahlte er mit einem Texashut in deutschen Farben und nahm ihn nur ab, um seine Freundin Sarah Brandner (
) von Place Models zu liebkosen. Auch die zufällig gestreute Meldung, dass die beiden das Ambulante Kinderhospiz in München unterstützen, trug natürlich zur Sympathiebildung und zur Gerüchteküche bei. Überhaupt hat der smarte Pickelträger etwas vom jungen Boris Becker. Er wirkt genau so rührend, wie es der Leimener in der von der Bunten abgelichteten, unvergesslichen Hotelbett-​Naivszene mit Tennisschläger im Arm war. Sie erinnern sich, als der Reporter fragte: Boris, wie ist es mit Frauen? Aber zurück zu Tenero, dem Tessiner Trainingslager der deutschen Auswahl. Nach dem grandiosen Sieg über Portugal verordnete Joachim Löw, der von Hansi Flick (
) derweil wieder das Szepter übernommen hatte, anderthalb Tage Lustlümmeln. Die Euphorie sollte sachte heruntergefahren werden, um die Konzentration für das Türkenspiel erneut steigern zu können. Und dann ins Unermessliche. Jens Lehmann schipperte mit den EM-​Familien Metzelder und Gomez über den Lago Maggiore und schlug gegen die Osmanen die 4−2 – 3−1-Taktik vor. Wie gegen Portugal, mit der Doppelsechs und einem offensiveren Ballack. Michael Ballack, der bis dato die meisten EM-​Kilometer der deutschen Mannschaft heruntergespult hatte, kürte vom Fahrrad aus den Niemand zum Favoriten und erklärte Torsten Frings für schmerzfrei. Bundestrainer Löw orakelte, ebenfalls radelnd, über den Einsatz von Rippen-​Frings und einen Karbonpanzer (
). Auch über die Taktik. Spielt Frings, käme wieder das gewohnte 4−4−2 zum Einsatz. Philipp Lahm, der wieder links den Laden dichtmachen soll, entging den Spekulationen. Er erhob sich mit einem Hubschrauber und einigen jungen Wilden in die Lüfte, um sich die Tessiner Alpen von oben anzuschauen. DFB-​Chefspion Urs Siegenthaler und Jogi Löw beendeten den Tag beim Viertelfinal-​Duell zwischen den Niederlanden und Russland. Mit Genever oder Wodka. Auf jeden Fall mit einer Zigarette. Das war Samstag. Aber