Offener-Bücherschrank

Den offenen Bücherschrank finde ich eine sehr gute Sache. Die ersten Male wo ich daran auf den Weg in die Arbeit vom 49er vorbeigegangen bin, habe ich ihn nicht wirklich wahrgenommen und wusste ich auch noch nichts von den offenen Bücherschränken. Bis ich mich dann wunderte dass sich darum oft immer einige Menschen tummelten und ich mich dann im Internet darüber informiert habe.
Früher wusste ich dann oft nicht wohin mit den Büchern, die ich nicht brauche. Da mir die meisten Wege für den guten Zweck oft zu mühsam fand, sind diese dann leider öfters doch im Müll gelandet. Dank des offenen Bücherschranks kann ich diese nun auf meinen Arbeitsweg mitnehmen und sie anderen zur Verfügung stellen. Hin und wieder finde ich dann selbst noch ein Buch für mich, obwohl sich oft leider nur noch der Bestand im Schrank findet, der sozusagen «übrig geblieben» ist, den auf die interessanten und neuen Bücher wird sich natürlich gleich daraufgestürzt.
Der offene Bücherschrank ist wirklich eine sehr gute Idee. Und eine anonyme Form des modern gewordenen Sharings. Wer nicht weiß wohin mit seinen alten Büchern anstatt in den Müll, einfach hierher oder zu einen der anderen offenen Bücherschränken bringen.

Geben ist seliger als Nehmen
Dennoch verlockt es sehr, sich hier am offenen Bücherschrank eines der Bücher mitzunehmen. Als ich diese künstlerische Aktion entdeckte, mußte ich lächeln und freute mich, dass so ein tolles Projekt existiert.
Die Bücher die ich fand, ließ ich zwar dort stehen, da ich wirklich keinen Platz mehr für Bücher habe zuhause, sie waren aber wirklich toll.
Eine antiquarische Ausgabe von «Alle Herrlichkeit auf Erden» habe ich hier gesehen und einen super interessanten Kunst Konzept Katalog auf Französisch. Nächstes Mal nehme ich eines meiner Bücher mit und lasse es hier, um Platz für eine neue Entdeckung zu haben.

Dem offenen Bücherschrank bin ich zufällig über den Weg gelaufen. Nichtsahnend schlenderte ich durch die Zieglergasse, als ich eine Menschentraube rund um dieses seltsame, schiefe Glasdings sah. Das weckte die Neugier in mir und das wollte ich doch näher inspizieren. Bei näherem Hingucken fand ich dann heraus, dass es sich um einen «offenen Bücherschrank» handelt. Das Konzept: Alte Bücher, die man nicht mehr braucht, dalassen. Bücher, die man darin findet und die einen interessieren, mitnehmen. Klingt einfach? Ist es auch! Wunderbar einfach.
Von freiwilligen Mitarbeitern werden die Bücher mit Aufklebern versehen, denn sie sind schließlich nicht für den Weiterverkauf gedacht. Den Schrank kann man von beiden Seiten leicht öffnen und in jeweils drei Fächern pro Seite findet man mit etwas Glück Bücher, die einen ansprechen: Romane, Kochbücher, Ratgeber, Bildbände, Kinderbücher. Und wenn man sie gelesen hat, kann man sie entweder in die private Sammlung stellen, oder sie zurück an den Ort bringen, von dem man sie ursprünglich hat und sie dem ungewissen aber sicher aufregenden Schicksal des offenen Bücherschranks überlassen.

Der offene bücherschrank steht im siebten Bezirk, Ecke Westbahnstrasse und Zieglergasse. Diesen zu besuchen erweist nicht nur als überraschend, auch als kommunikativ. Alle Wuselnden suchen nach Büchern, die in den vierseitig bestellten Fächern untergebracht sind. Mit Glastüren geschützt, widerstehen die Bücher sogar zeitweiligen Unwettern.
Die Qualität der dort zu findenden Bücher schwankt, meist finde ich nur Schundromane, Mädchenbücher oder Allerweltsromane. Solche, die jedeR schreiben kann, mit Titeln wie «Abendtau und Morgenrot» oder «Als ich die Welt verstand». Ihr wisst sicher, was ich meine. Literatur mit Qualität ist leider eine Seltenheit, auch hier. Irgendwie spiegeln die hier vertretenen Werke wohl den allgemeinen Geschmack wieder, wissenschaftliche Literatur oder Kurt Tucholsky, aber bitte, da hab ich eh schon alle, sind hier kaum zu finden. Aber, es ist ja ein gratis Service.
Am witzigsten ist es, die Menschen mit Rucksäcken zu beobachten, ihre alten Bücher abladend. Sogleich beugen sie sich konzentriert über die Bücherregale und inspizieren im Hochgeschwindigkeitstempo die Rücken der papierenen Welten. Sobald alle sondiert wurden, ziehen sie enttäuscht von dannen.

An drei Plätzen stehen jetzt schon die seltsam aussehenden Säulen voller Bücher, die auch Offener Bücherschrank genannt werden. Tolles Konzept, soviel ist sicher, und war auch schon in Städten gelebt, in denen das sehr gut funktioniert hat — nur in Wien scheint’s nicht so wirklich zu funktionieren. Wann immer ich einen kleinen Lokalaugenschein abgehalten hab, waren die Regale halb leer und ständig scheinen dieselben Schinken dort zu stehen: Die Zirkulation also, wie ich finde ein wichtiger Teil des Konzepts, funktioniert nicht richtig.
Die meisten Leute schauen nur skeptisch und gehen daran vorbei, kaum jemand bleibt stehen, um sich das genauer anzusehen. Zweimal habe ich bisher Bücher dort hingestellt, beide Male wurde ich von Passanten angesehen, als wäre ich völlig wahnsinnig, schrecklich naiv, oder beides. Mir ist’s hier egal, aber die Akzeptanz des Offenen Bücherschranks in der Allgemeinheit ist, nun, unterentwickelt. Aber was nicht ist kann ja noch werden.

ERREICHBARKEIT UND LAGE: Gut. Drei Standorte bestehen aktuell. Zu finden in der Westbahnstraße, Ecke Zieglergasse, am Brunnenmarkt und südlich des Gabriele-​Possanner-​Parks. Entfernung vom Stadtzentrum (Stephansplatz): je nachdem, sagen wir großzügig etwa fünfzehn Minuten.
AMBIENTE: Ja gut. Wie ist das Ambiente? Eckig sind sie alle. Der eine etwas breiter als hoch, der andere etwas höher als breit. Spritzwasser-​, dreck– und staubgeschützt nicht zu vergessen. Und hochgradig individuell.
SORTIMENT: Auch das kennt Hochs und Tiefs. Sooft man bisher auch vorbei ging. Leer war der offene Bücherschrank in der Westbahnstraße noch nie. Viel guten, altmodischen Schund bietet er aber fast immer. Simmel– und Konsalikfreunde werden ihre Freude haben. Den einen Nietzsche-​Sammelband, den man im Frühsommer vielleicht beim Vorbeigehen gesehen hat, ja den hat der hiesige Autor sich einverleibt. Und der kommt auch nicht wieder.
PERSONAL: Gibt’s nicht. Aber der moderne Daniel Düsentrieb, der den Bücherschrank aus seinem Kreativstübchen gezaubert hat, der gehört an dieser Stelle einmal ausdrücklich gelobt. Herr Gassner, meine Hochachtung.
PREIS/​LEISTUNG: Die Bücher sind kostenlos, das ist ja das Schöné. Wer des Öfteren hier einkauft, möge dankenswerterweise aus dem Eigenbestand nachrüsten.
TOPTIPP: Die Gemeinde wächst langsam aber stetig. Ob vor Ihrem Haus ein neuer Bücherschrank seine Pforten geöffnet hat und Sie sich Ihren nächsten Weihnachtseinkauf schenken können, erfahren Sie auf der oben gelisteten Homepage.

Nein, ich hab ja noch nie ein Buch gefunden. Wirklich. Die Wilden finden ja dauernd welche. Also ein Versuch in die andere Richtung. Bücher liegen lassen. Mir tut das Herz weh beim Gedanken an Regensturm und Graupen. Also in in ein Plastiksackerl mit Frau Zeh, die reist eh so gern. Und siehe da. Fort ist es. Wie schön. Also weiter. Und Augen auf. So gerne würde ich mich von einem Buch finden lassen. Wer weiß was es mir sonst noch so erzählt. Meine Bücher gehen dahin, nur eines nicht. Der schwere schwerverdauliche Ziegel. Mittlerweile ist er ziemlich mitgenommen. Dreimal an verschiedenen Plätzen ausgelegt findet er seine Wohlgesinnten nicht. Darum macht er sich jetzt auf den Weg in den öffentlichen Bücherschrank. Der Bruder meint das wäre nicht fair. Sowas darf man doch nicht Unbedarften in unschuldigen Hände geraten lassen.
Und er Bücherschrank wäre doch keine Deponie für toxische Sonder– und Gefahrenstoffe der literarischen Art. Ob das sonst noch jemand findet der sich dort befreit? Ich glaub ja nicht. Und diese Buch muss hier raus. Also auf.

Der Kreislauf des Lebens macht nun auch vor ungeliebten Büchern nicht mehr halt. Berlin hat es mit Erfolg vorgemacht, Wien zieht jetzt nach.
Wo Westbahnstraße und Zieglergasse ein Kreuz machen, ragt etwas unmotiviert ein Schrank aus dem Bürgersteig. Sein Innenleben ist eine unsystematische Ansammlung von Literatur und — nennen wir es mal — «Light”-eratur. Denn Qualität und Schundromane teilen sich hier ein gemeinsames Häuschen und warten wie im Tierheim auf einen neuen Besitzer. Unterm Plexiglas sind eben alle gleich. Oder etwa nicht? Manche tragen bereits eine Markierung, die sie als ungeliebt abstempelt. Traurig eigentlich, ist aber nur zu ihrem eigenen Schutz. Denn so kommen sie für einen weiteren Verkauf nicht mehr in Frage. Die Chance auf ein neues Plätzchen bis ans Lebensende ist somit in greifbare Nähe gerückt.
Der Künstler Frank Gassner ist stolzer Papa des «Offenen Bücherschranks» in Wien-​Neubau. Und sein Sohnemann wird von früh auf mit Rebellionsmilch ernährt, denn Frank Gassner ist angewidert. «Angewidert von dem nahezu ausschließlichen Überlassen des öffentlichen Raumes an kommerzielle Nutzungen.» — wie seine Website es so unmissverständlich, ganz ohne Blatt vorm schäumenden Mund, ausdrückt.
Blühen soll hier also ein Umschlagplatz ganz nach dem Motto Geben und Nehmen. Die Schriftspeicher können kostenlos mitgenommen werden, ebenso ist jeder Vorbeikommende dazu eingeladen, selber zu inhaftieren, selber seinem literarischen (oder auch weniger literarischen) Ballast ein neues Leben zu gönnen.

Den offenen Bücherschrank gibt es bis dato dreimal in Wien. Und wieder einmal muss man neidlos anerkennen, dass unglaubliche Personen mit noch unglaublicheren Ideen existieren.
Die Idee ist wie der Name es schon vermuten lässt, ein offener Bücherschrank mitten auf der Straße. Jeder kann dorthin gehen und sich ein Buch zum Lesen mit nach Hause nehmen. Kosten tut es nichts. Böse wird dir auch keiner sein. Solltest du dir nur des Öfteren ein Buch nehmen, dann wäre es toll, wenn du auch von dir ein paar Bücher für andere Leseratten bereit legen würdest.
Das Konzept des autarken Bücherschrankes wurde geboren. Die Idee ist nicht nur grandios, die Idee ist viel mehr, doch leider fällt mir kein besserer Superlativ diesbezüglich ein…